Fruktan und Podotrochlose: Ein unterschätzter Zusammenhang bei der Pferdefütterung
- Sina-Isabell Schmid
- vor 21 Stunden
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Von Sina-Isabell Schmid
Einleitung
Die Hufrollenerkrankung – auch bekannt als Podotrochlose – stellt für viele Pferdebesitzer und Therapeuten eine langwierige Herausforderung dar. Während biomechanische, orthopädische und trainingsbedingte Ursachen häufig im Vordergrund stehen, wird ein entscheidender Faktor oft vernachlässigt: die Fütterung. Besonders der Einfluss fruktanreicher Gräser auf den Stoffwechsel und die Hufgesundheit kann bei Pferden mit Podotrochlose eine bedeutende Rolle spielen. In diesem Beitrag beleuchten wir den aktuellen Wissensstand und zeigen praxisnahe Strategien zur Fütterungsanpassung.
Was ist Fruktan – und warum ist es kritisch?
Fruktan ist ein wasserlösliches Kohlenhydrat, das Pflanzen – vor allem Gräser – zur Energiespeicherung nutzen. Im Gegensatz zu Zucker und Stärke wird Fruktan beim Pferd nicht im Dünndarm verdaut, sondern gelangt in den Dickdarm. Dort wird es durch Mikroorganismen fermentiert.
Bei übermäßiger Fruktanaufnahme kommt es zur:
massiven Gasbildung,
pH-Wert-Absenkung (Azidose),
Absterben „guter“ Darmbakterien,
Freisetzung von Endotoxinen, die in den Blutkreislauf gelangen.
Diese Vorgänge stehen in direktem Zusammenhang mit entzündlichen Prozessen, Gefäßveränderungen und Hufrehe – aber auch mit schleichenden Verschlechterungen bei bestehenden Hufkrankheiten.
Podotrochlose und ihre sensiblen Strukturen
Die Hufrolle besteht aus:
dem Strahlbein,
der tiefen Beugesehne,
der Hufrollenschleimbeutel (Bursa podotrochlearis).
Eine Podotrochlose kann degenerative, entzündliche oder mechanische Ursachen haben. Besonders kritisch ist die Durchblutung der Hufrolle, denn sie wird über kleinste Gefäße versorgt, die auf systemische Veränderungen sensibel reagieren.
Wie Fruktan den Verlauf einer Podotrochlose beeinflussen kann
Während Fruktan keine direkte Ursache der Podotrochlose ist, verschlechtern fruktanbedingte Stoffwechselbelastungen nachweislich die Mikrozirkulation im Huf. Das wirkt sich negativ aus auf:
Versorgung des Strahlbeins mit Nährstoffen und Sauerstoff,
Regeneration entzündlicher Strukturen (Bursa, Sehne),
Entzündungsmanagement im gesamten Hufmechanismus.
Indirekt kann ein dauerhaft hoher Fruktananteil also Schmerzen verstärken, den Krankheitsverlauf verlängern und sogar Therapieerfolge zunichtemachen.
Wann ist der Fruktangehalt im Gras besonders hoch?
Die Fruktankonzentration steigt unter folgenden Bedingungen deutlich an:

Managementempfehlungen für Pferde mit Podotrochlose
Fruktanarme Weidezeiten wählen:
Nachmittags/abends weiden lassen (nicht morgens).
Warme Nächte (>10 °C) abwarten.
Technische Hilfe nutzen:
Fruktan-Apps wie z. B. Happie Horse zur Risikoeinschätzung.
Weidegang begrenzen:
Kurzzeitiges, kontrolliertes Anweiden.
Einsatz von Fressbremsen bei starkem Graswachstum.
Fütterung optimieren:
Heu mit niedrigem Zuckergehalt (<10 % WSC).
Keine stärke- oder zuckerreichen Kraftfutter.
Ausgewogene Mineralstoffversorgung zur Förderung der Hufstoffwechselprozesse.
Entgiftungs- und Entzündungsmanagement unterstützen:
Kräuter und Futterzusätze wie Mariendistel, MSM, Omega-3-Fettsäuren gezielt einsetzen (nur nach Rücksprache mit Tierarzt oder Fütterungsberater).
Fazit
Die Podotrochlose ist eine komplexe, multifaktorielle Erkrankung. Neben orthopädischer Diagnostik, Hufbearbeitung und Bewegungstherapie sollte die Fütterung als stabilisierender Pfeiler nicht vernachlässigt werden. Ein bewusster Umgang mit fruktanreichem Gras – gerade im Frühjahr und Herbst – kann dazu beitragen, entzündliche Prozesse zu minimieren, die Hufdurchblutung zu fördern und die Lebensqualität betroffener Pferde deutlich zu verbessern.
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