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Was hast das Kiefergelenk mit der Hüfte zu tun?

Aktualisiert: 26. März 2023

Was hat das Kiefergelenk mit der Hüfte zu tun?

 

Ich möchte mit diesem Artikel dir noch einmal deutlich vor Augen führen, warum es so wichtig ist, die Zusammenhänge zu verstehen, die in deinem Pferd vorhanden sind. Denn oft ist es so, dass nicht das akut auftretende Problem das eigentliche Problem ist, sondern das bereits einiges vorher passiert ist, was zu diesem akuten Problem nun geführt hat. Nur konnte der Körper dies bisher kompensieren und jetzt ist es einfach nach außen getreten. Das bedeutet aber nicht, dass der Ursprung dieses Problems auch hier genau ist.

 

Komm mit mir auf eine kleine Entdeckungstour 😊

 

Hast du dich einmal gefragt, was das Kiefergelenk mit der Hüfte zu tun hat? Nein? Na, dann schau mal was sich hier für Verbindungen und Zusammenhänge auftun.

 

Das Kiefergelenk stellt eine Verbindung von dem Unterkiefer und dem Schädel her. Genauer gesagt zum Schläfenbein. Das Kiefergelenk ist ein Walzengelenk, d.h. es kann unterschiedliche Bewegungen ausführen: vorwärts und rückwärts, rechts und links sowie eine Rotation (diese wird bei der Mahlbewegung ausgeführt).

 

Hier sollte eine umfangreiche Beweglichkeit vorhanden sein, denn diese ist nicht nur für die Mahlbewegungen während des Kauvorganges notwendig, sondern nimmt es auch Einfluss auf den gesamten Bewegungsapparat.

 

Ein Körper darf nie separat betrachtet werden, sondern man sollte immer daran denken, dass alles miteinander verbunden ist. Vergleichbar mit einem Uhrwerk. Ist ein Zahnrädchen blockier (und sei es ein sehr kleines), so ist es so, dass sich diese kleine Blockade auf den gesamten Körper bzw. Bewegungsapparat überträgt.

 

Leidet das Pferd beispielsweise an einer Kiefergelenksblockade (dies ist gar nicht so selten, jedoch bliebt diese lange lange Zeit unbemerkt), so betrifft diese Blockade nicht nur das Kiefergelenk, sondern auch den Unter- wie auch Oberkiefer. Hierin sind die Zähne eingebettet. Bliebt diese Blockade also längere Zeit bestehen, so verändern sich auch in kleinstem Umfang die Zahnstellungen und damit ist eine andere mechanische Belastung die sich sowohl auf die Zähne wie auch den Kiefer weiterausbreiten. Diese Fehlbelastung verursacht kleinste (minimalistische) Fehlstellungen und dadurch wird auch der aktive Bewegungsapparat in Mitleidenschaft bezogen.

 

Schaut man sich die Pferde an, welche in der freien Wildbahn leben bzw. welche sich frei auf großen Flächen bewegen können, wird man meist sehr schnell erkennen, dass diese sehr selten an Kiefergelenksblockaden leiden. Und falls doch, so ist dies auf eine Kreuzdarmbeinblockade zurückzuführen oder aufgrund von Zahnerkrankungen.

 

Achten wir einmal die Zäumung des Pferdes , so wird ebenfalls deutlich, dass es hier zu Problemen kommen muss / kann, wenn diese nicht ordentlich angelegt wird. Das Trensengebiss liegt im unteren Drittel des Unterkiefers auf. Wird hierauf ein Druck ausgeübt, so wird der Unterkiefer wie ein Hebel nach unten gezogen. Für solche Belastungen ist dies jedoch nicht ausgelegt. Also muss der aktive Bewegungsapparat, die Muskulatur, einspringen und hier unterstützen. Eine harte Reiterhand bewirkt dasselbe nur in einem verstärkten Ausmaß.

 

Besteht eine Kiefergelenksblockade, sind die Kiefergelenksbewegungen nicht mehr im vollen Ausmaß ausführbar und dadurch entsteht die mechanische Einschränkung.

Dies zeigt sich nicht nur beim Reiten, sondern auch beim Fressen, Trinken etc.

Zusätzlich müssen wir uns in Gedanken vorstellen, dass wir den M.masseter (Kaumuskel) hier als mechanische Unterstützung haben, welcher u.a. die Kaubewegungen mit ausführt. Der M.masseter steht in einer Verbindung mit den nachfolgenden knöchernen Strukturen: Seinen Ursprung hat er im Jochbogen und er setzt am Unterkiefer an. Der Unterkiefer kann also bei einer Verspannung nur noch eine geringen Bewegung ausführen und damit ist der M.masseter also auch in seiner Bewegung eingeschränkt. Die Aufgaben des M.masseter ist das Hochziehen wie auch Anpresse des Unterkiefers gegen den Oberkiefer und Mahlbewegungen.

 

Sind also in der Statik bereits Blockaden vorhanden, so ist es natürlich klar, dass dieser Muskel sich ebenfalls verspannt. Und wie wir wissen: Ein verspannter Muskel wird mit weniger Sauerstoff etc. versorgt und kann daher nicht seine vollständige Aufgabe ausführen.

 

Machen wir an dieser Stelle ein kleines Experiment:

Stell oder setz dich einmal hin und konzentriere dich auf deine Kiefermuskulatur. Wie fühlt sich diese an? Und jetzt spannst du sie ganz feste an. Hast du es? Okay und jetzt läufst du so einmal für 1-2 Minuten herum. Aber schau das dieser immer angespannt ist. Was bemerkst du?

Merkst du, wie sich deine Schultermuskulatur ebenfalls anspannt und ggf. nach oben zieht? Bemerkst du, wie sich nach und nach alles etwas mehr verspannt?

Wenn du ein ganz gutes Körpergefühl hast, dann bemerkst du sehr schnell, wie sich dieser angespannte Muskel auf den gesamten Körper überträgt, wie sich deine Bewegung verändert etc. und jetzt kannst du dir in etwa vorstellen, wie es deinem Pferd geht mit einem verspannten Muskel.

 

So nun aber weiter, damit du verstehst, was das Kiefergelenk mit der Hüfte zu tun hat. Ist die Kaubewegung eingeschränkt so nimmt dies nicht nur Einfluss auf die Biomechanik des Pferdes, sondern auch auf beispielsweise die Speichelproduktion. Die Speicheldrüsen produzieren Speichel, damit dieser zum einen das Abschlucken der aufgenommenen Nahrung erleichtert und gleichzeitig dient sie als Puffer für die dauerhaft vorhandene Magensäure.

Wir haben also eine Kieferblockade, bspw. aufgrund einer falschen Zäumung, so sind auch die Speicheldrüsen betroffen. Es wird weniger Speiche produziert, da weniger Mahlbewegungen stattfinden, aufgrund von Schmerzen bzw. Unwohlsein. Diese herabgesetzte Speichelproduktion ist schlecht, denn das Abschlucken wird „schwerer“ und der Magen erhält nicht mehr den nötigen Schutz, welcher der Speichel ihm bietet, und dadurch können natürlich weitere Folgeerkrankungen entstehen.

 

Wie schluckt jetzt das Pferd ab?

Das Pferd nimmt die Nahrung auf und um diese Abschlucken zu können, nimmt es seinen Kopf nach oben. Während des Hochnehmens des Kopfes wird der Unterkiefer nach hinten geschoben und das Pferd nimmt eine aufrechte Körperhaltung ein. Dadurch erfährt die Hinterhand eine entsprechende Spannung.

Durch ein blockiertes Kiefergelenks ist es aber auch so, dass die Kau-, Nacken- und Rückenmuskulatur dauerhaftangespannt ist. Es erfordert einen vermehrten Kraftaufwand für den Kauvorgang.

Übrigens ist dies nicht nur bei Blockaden der Fall, sondern auch wenn das Pferd Haken an den Zähnen hat.

Eine verspannte Muskulatur arbeitet herabgesetzt aufgrund der Dauerkontraktion. Diese verspanntes Muskulatur kann auch durch eine harte Reiterhand, einen falsche Zäumung, ein zu enges Halfter etc. entstehen.

 

Blieben wir jedoch bei dem blockierten Kiefergelenk. Es entsteht also durch das Kopfanheben, um die Nahrung abzuschlucken, eine verspannte Kopf-, Nacken- und Rückenmuskulatur. Daraus folgt eine Verspannung / Blockade im Kreuzdarmbeingelenk, Iliosakralgelenk und Hüftgelenk. Doch wie ist das möglich?

 

Schauen wir uns hierzu kurz die anatomischen Zusammenhänge an: Alles ist miteinander verbunden. Vielleicht hast du bereits einmal von dem M.latissimus dorsi(breiter Rückenmuskel) oder M.longissimus dorsi (langer Rückenmuskel) gehört. Diese überspannen (mit vielen weiteren noch) vom Nacken an über den gesamten Rücken bis an das Kreuzdarmbeingelenk bzw. Hüftgelenk das Pferd. Da wir nun Blockaden und Muskelverspannungen vorne haben, müssen diese verspannten Muskeln natürlich ihre Arbeit, welches sie nicht verrichten können, weitergeben, denn der Körper muss ja „funktionieren“. Das bedeutet, die anderen Muskeln erfahren eine Mehrbelastung und verspannen auf kurz oder lang noch zusätzlich. Durch diese Verspannungen wird die Beweglichkeit der Hüfte wie auch der gesamten Hintergliedmaße beeinträchtigen.

 

Das Kreuzdarmbeingelenk ist über Bänder wie auch Muskeln mit dem Becken verbunden. Im Kreuzdarmbeingelenk beispielsweise sind nur geringgradige Bewegungen möglich. Und diese geringgradigen Bewegungen sind auf voll funktionsfähige Muskeln angewiesen. Da wir aber nun verspannte Muskeln haben, welche zu diesem Gelenk ziehen, wird auch dessen Beweglichkeit beeinträchtigt bzw. blockiert. Der Körper ist eine sehr schlaue Institution, denn er bemerkt, wenn etwas in ihm „aus dem Gleichgewicht“ geraten ist und reagiert entsprechend darauf. In diesem Fall beispielsweise bemerkt er, dass die Muskulatur nicht mehr die Aufgaben erfüllen kann also werden die Bändern hier vermehrt mit eingesetzt.

 

Wie du bereits weist, sitzt der Motor beim Pferd ja hinten. Dieser ist aber damit auch nur noch geringgradig verfügbar. Das bedeutet eine Kraftübertragung ist nicht mehr möglich. Die Kraft, welche aus der Stemmphase entsteht, wird aus den Hintergliedmaßen zwar weitergeleitet, jedoch wird sie bereits im Hüftbereich bzw. im Kreuzdarmbeingelenk nicht an die Wirbelsäule und letztendlich auf die Vordergliedmaße weitergegeben, da sie im Kreuzdarmbeingelenk abgefangen wird. Grund hierfür ist, dass das Kreuzdarmbeingelenk ja durch die verspannte Muskulatur keine Bewegungen mehrausführen kann und die Hüfte auch entsprechend eingeschränkt ist in der Bewegung.

 

Besteht diese Blockade hier weiterhin so kann es gut sein, dass es zu weiteren Überlastungen in der Hinterhand des Pferdes kommt. Denn wenn der Schwung oben nicht weiter geleitet werden kann, so muss er ja irgendwo hin und dann wird er wieder zurück zu seinem Ursprung, also den Hintergliedmaßen geführt. Dadurch werden u.a. weitere knöcherne Strukturen betroffen wie das Knie- oder Sprunggelenk.

 

Die Folgen einer solchen Blockade ist, dass das Pferd Taktunreinheiten, Lahmheiten, eine mangelnde Losgelassenheit kein Anheben der Hintergliedmaßen sowie eine Fesselträgerentzündung anzeigt.

 

Meist wird dann ein Tierarzt gerufen und dieser behandelt das „Symptom“. Also beispielsweise die Fesselträgerentzündung. Doch die Ursache wird nicht behoben und letztlich beginnt ein Kreislauf und das Pferd erfährt immer mehr und mehr falsche Belastungen und Überlastungen in den entsprechenden Strukturen.

 

Umgekehrt ist es natürlich auch so, dass eine Blockade, beispielsweise in der Hüfte vorhanden ist und sich dies auf den Kiefer auswirkt und dadurch eine Kieferblockade entsteht.

 

Verrückt was es für Zusammenhänge gibt oder? Aber auch gleichzeitig wieder logisch. 😊

 

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